Der moderne Journalismus lebt von aktuellen Bildern. Aus diesem Grund finden immer mehr Posts aus Sozialen Medien Eingang in sonst eher „klassische“ Berichterstattungen im Fernsehen und in (Online)-Zeitungen. Sogenannte „Heat Maps“ sind in der letzten Zeit von großer Beliebtheit. Sie suggerieren aufzuzeigen, wie präsent ein Phänomen wo gerade ist. Doch so einfach zu lesen wie es scheint sind diese Karten nicht. Wir erklären Ihnen, warum.

Die Grafik zeigt die Verbreitung des Hashtag #JeSuisCharlie nach den Anschlägen in Paris am 7.1.2015. Auf den ersten Blick wirkt es, als ob sich vor allem Europa und Nordamerika für das Thema interessiert hätten. Aber ist das wirklich so, oder trügt hier vielleicht der Schein?

Was sind Heat Maps?

Bei Heat Maps handelt es sich um Visualisierungen zweidimensionaler Daten. Klassischerweise werden sie eingesetzt, um räumliche Strukturmerkmale oder Klickhäufigkeiten zu visualisieren.
In den Sozialen Medien werden sie genutzt, um zu zeigen, wo welches Phänomen am präsentesten ist. Heat Maps werden oft aus Twitter-Daten erstellt. Das ist vergleichsweise einfach, da sich bei präsenten Themen meist ein Hashtag durchsetzt, welches analysiert werden kann. Die betrachteten Dimensionen sind dann „welches Hashtag?“ und „wo?“. Auf einer Weltkarte sind dann die Bereiche besonders stark eingefärbt, in denen das Hashtag viel benutzt wurde.

„Nur beschränkt aussagekräftig: Heat Maps bedürfen der Interpretation“:   Jetzt twittern

Probleme bei der Interpretation

Auf den ersten Blick wirkt das Ganze simpel: Je knalliger eine Region aufleuchtet, je präsenter ist ein Phänomen dort in den Sozialen Medien. Es ergeben sich jedoch drei Probleme bei der Betrachtung:

1. Verbreitungsgrad eines Netzwerks

 

Nicht überall wird jedes Soziale Netzwerk im gleichen Maße genutzt. In manchen Staaten, wie zum Beispiel China, ist Twitter sogar nicht (oder zumindest nur sehr schwer) zugänglich. Die Karte zeigt, dass vor allem in Afrika, aber auch in Asien Twitter relativ wenig genutzt wird. Unterschiedliche Nutzungsverhalten werden in einer Heat Map nicht dargestellt. So kann der Eindruck entstehen, dass ein Phänomen in gewissen Regionen viel verbreiteter wäre als es der Realität entspricht.

2. Bevölkerungsdichte

 

Das selbe kann aus der Nichtbeachtung von Bevölkerungsdichte resultieren. Die Karte zeigt, wie unterschiedlich diese in verschiedenen Regionen der Welt ist. Mit dieser Information im Hinterkopf verlieren Twitter Heat Maps bedeutend an Aussagekraft, denn wo wenige Menschen wohnen, kann gar nicht so viel getwittert werden wie in dichter besiedelten Gebieten.

3. Sprache

In vielen Fällen setzt sich leider doch kein universelles Hashtag durch, sondern es gibt verschiedene Versionen. So wird beispielsweise das selbe Tag in verschiedenen Sprachen benutzt oder einmal im Plural oder im Singular. Bei der Erstellung einer Heat Map müsste dies berücksichtigt werden, das ist jedoch meist nicht der Fall.

Vergleichsweise geringe Aussagekraft von Heat Maps

Heat Maps wirken auf den ersten Blick sehr seriös und als wären sie von universeller Aussagekraft. Das ist jedoch leider nicht der Fall. Bei der Interpretation müssen demographische und sprachliche Aspekte beachtet werden. Wenn das gut und umfassend gemacht wird, können Heat Maps jedoch gut als Veranschaulichung der Verbreitung eines Phänomens genutzt werden. In oben stehendem Beispiel sollte man deshalb beispielsweise beachten, dass die Mid West Region der USA vergleichsweise wenig besiedelt ist und nicht direkt davon ausgehen, dass die Menschen dort sich nicht für das Urteil im Ferguson-Prozess interessiert haben. In vielen Fällen kommt aufgrund der fehlenden Erklärung zur Heat Maps leider der Verdacht auf, dass Journalisten diese nur zur Visualisierung und nicht zum Erkenntnisgewinn nutzen.


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Bildquellen:
Karte zur Twitter-Nutzung: beevolve
Karte zur Bevölkerungsdichte: Wikipedia

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