Wohl in fast allen Unternehmen existiert schon lange eine Form des Mentoring. Meist ist es die altbekannte, bei der junge Mitarbeiter von den Führungskräften lernen. Doch in Zeiten der sich ständig verändernden digitalen Welt müssen die Segel anders gesetzt werden. Daher nutzen viele Unternehmen bereits das Konzept des Reverse Mentoring, um von gegenseitigem Wissenstransfer profitieren zu können.

Der Abschied von alten Konventionen

Wenn im Unternehmen von Mentoring die Rede ist, schwebt den Meisten wahrscheinlich das „klassische“ Mentoring vor: junge und weniger erfahrene Mitarbeiter lernen von den „alten Hasen“ und Entscheidern des Unternehmens. Doch in der heutigen digitalen Welt weiß man, die Dinge laufen oft ganz anders. Viele Unternehmen setzen mittlerweile auf das sogenannte Reverse Mentoring, zu Deutsch „umgedrehtes“ oder „umgekehrtes“ Mentoring. Bekannt ist das Konzept bereits seit den 1990er Jahren. Es wurde von Jack Welch, dem Unternehmenschef von General Electric, eingeführt. Beim Reverse Mentoring sind die Mentoren jung, innovativ und webbegeistert. Sie werden Digital Natives genannt und bilden damit das Gegenstück zu den Digital Immigrants. Letztere haben die sich stetig verändernde digitale Umwelt zwar mitverfolgt, mussten jedoch unter ganz anderen Umständen in sie hineinwachsen. Die Digital Natives hingegen haben die technologische Entwicklung und das Web 2.0 quasi mit der Muttermilch aufgesogen.

Digital Natives versus Digital Immigrants – wie beide vom Reverse Mentoring profitieren

Das Konzept des Reverse Mentoring im Unternehmen funktioniert folgendermaßen: Aus jeweils einem jungen und einem erfahrenen Mitarbeiter wird ein Tandem gebildet. Bei Fremdsprachen-Lernern hat sich das Tandem-Konzept schon vor langer Zeit etabliert. Zwei Menschen mit unterschiedlichen Muttersprachen treffen sich regelmäßig, um sich gegenseitig ihre Muttersprache beizubringen. Ein noch so konsequentes Auswendiglernen von Vokabeln und Konjugationen kann eben nicht zum flüssigem Gebrauch einer Fremdsprache führen. Ähnlich funktioniert also das Reverse Mentoring. Es ist ein reziproker Austausch, bei dem sowohl Mentor (junger Mitarbeiter) als auch Mentee (erfahrener Mitarbeiter) profitieren. Das Ziel ist, den generationsübergreifenden Dialog zwischen Digital Natives und Entscheidern, sowie das gemeinsame Lernen auf Augenhöhe zu fördern. Der Mentor bekommt Einblicke in die Arbeit der Führungsetage und der Entscheider und kann gleichzeitig schon früh sein unternehmensinternes Netzwerk auf- und ausbauen. Der Mentee wird im Gegenzug im Umgang mit neuen Technologien des Web 2.0 geschult und erhält den einen oder anderen Geheimtipp. Ein relativ durchschaubares Konzept. Allerdings sollte die Umsetzung wohl überlegt werden.
Beim Reverse Mentoring werden alt bekannte Lernstrukturen und Gewohnheiten komplett auf den Kopf gestellt. Daher ist der erste sehr wichtige Schritt, passende Tandems zu bilden, mit denen sich alle Mitarbeiter wohlfühlen. Harmonie, Motivation und Offenheit sind hier von großer Bedeutung und bilden das Fundament für das Funktionieren von Reverse Mentoring. Wenn dies nicht gesichert ist, profitiert möglicherweise keiner der beiden Partner vom Konzept. Da diese Art des Lernens nicht für jedermann gemacht, ist es essentiell, alle Mitarbeiter vorher ausführlich einzuweihen. Zudem bietet sich an, die (Lern-) Ziele und Erwartungen von Beginn zu definieren. So kann zum einen festgestellt werden, ob beide Partner gleiche Vorstellungen haben und zum anderen, ob die Ziele erreicht werden.

Was ist wichtig, damit Reverse Mentoring funktioniert?

  1. Den richtigen Tandempartner finden
  2. Ziele und Erwartungen von Beginn an festlegen
  3. Vertrauen und Transparenz zwischen den Tandempartnern schaffen
  4. Geduldig und offen sein
  5. Bereitschaft zu lernen garantieren
  6. Regelmäßig Check-ups zum Fortschritt
  7. Überprüfen, ob für beide Seiten der Lernfortschritt gesichert ist und ob beide zufrieden sind

Ohne Parship & Co. den richtigen Partner finden

Eine mögliche Art der Partnerfindung ist das sogenannte „Speed Dating“. Wie bei einer romantischen Partnersuche dient es dazu, herauszufinden, ob mit dem Gegenüber eine „Partnerschaft“ eingegangen werden möchte. Die Teilnehmer lernen sich in einem 5-10-minütigen Gespräch kennen. Danach wechseln sie direkt zu einem nächsten potentiellen Tandempartner. Am Ende ziehen alle Teilnehmer Bilanz und entscheiden, mit welchem Gesprächspartner aus der Runde sie gerne das Reverse Mentoring durchführen möchten. Es lässt sich dann auf unterschiedlichen Wegen umsetzen. Mentor und Mentee können beispielsweise einen festen Tag bestimmen, an dem das Mentoring stattfindet. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, sich auf Abruf zu treffen oder spezielle Reverse-Mentoring-Veranstaltungen einzuführen. Viele Entscheider haben nicht genügend Zeit, um einen bestimmten Tag festzulegen. Daher bietet es sich oftmals an, in regelmäßigen Abständen Sessions zu bestimmten Themen rund um das Web 2.0 stattfinden zu lassen. Mentor und Mentee können dann gemeinsam entscheiden, ob sie daran teilnehmen. Welche Methode die beste für beide ist, hängt von den Tandempartnern ab und sollte individuell abgestimmt werden. Für diese Entscheidung spielen Faktoren wie zum Beispiel Zeit und Vorkenntnisse eine entscheidende Rolle.
Die folgende Grafik veranschaulicht, wie Mentor und Mentee vom Reverse Mentoring profitieren.

Gegenseitiger Nutzen des Reverse Mentoring

Mit den (digitalen) Muttersprachlern zum Erfolg

Im Gegensatz zum traditionellen Mentoring verläuft das Reverse Mentoring also nicht einseitig. Das primäre Ziel ist, dass beide beteiligten Mitarbeiter profitieren, indem sie Ideen austauschen und sich gegenseitig fordern. Digitalisierung im Unternehmen wird immer bedeutender und der technologische Fortschritt immer schneller. Umso wichtiger, dass alle Mitarbeiter wissen, damit umzugehen und alle Tools beherrschen. Beim Erlernen einer Fremdsprache wird am besten und schnellsten gelernt, wenn mit Muttersprachlern kommuniziert wird. Analog dazu führt somit der rege Austausch zwischen den Digital Natives und den Digital Immigrants zum größten Lernerfolg.


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Bildquelle des Vorschaubilds: Foto von Flickr-User Anne Worner

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